Wie grün wird das Holzkraftwerk?

Quelle: Stader Tageblatt, 19.10.24, von Anping Richter 


In Bützfleth soll das größte Altholzkraftwerk Deutschlands entstehen - Bürgerinitiative stellt dazu kritische Fragen

 

Stade. Das geplante Altholzkraftwerk in Bützfleth schürt Hoffnungen auf grüne Energie. Die Bürgerinitiative Bützfleth hat dazu kritische Fragen. Nun gibt es erste Antworten.

 

 

Die Firma Hansekraft will im Industriepark an der Elbe dasgrößte Altholzkraftwerk Deutschlands bauen. Sie stellt Strom und Fernwärme in Aussicht, vor allem aber Dampf für die Industrie: 1,2 Millionen Megawattstunden pro Jahr (MWh/a) sollen in Stade dankbare Abnehmer finden. 

 

Stadtwerke wollen mit ins Boot

 

In der Stadtverwaltung ist das Echo darauf merkbar positiv. Für die Genehmigung ist aber nicht die Stadt, sondern das Gewerbeaufsichtsamt zuständig. Noch hat Hansekraft sie nicht beantragt. Das ist für Herbst 2025 geplant, der Regelbetrieb ab Mitte 2029. Die Stadtwerke Stade haben mit Hansekraft schon jetzt eine Absichtserklärung verfasst: Wird das Vorhaben umgesetzt, sollen sie die Lieferung von Fernwärme übernehmen. Bis zu 100.000 Haushalte könnten versorgt werden, heißt es. 

Die Bürgerinitiative Bützfleth (BI) verfolgt das Vorhaben kritisch und aufmerksam - auch, weil bei der Verbrennung von Altholz Schadstoffe freigesetzt werden können. 

Das Holzkraftwerk soll dort entstehen, wo eine Müllverbrennungsanlage geplant war, gegen die besonders die BI Widerstand leistete. Die Pläne scheiterten, doch Familie Eisenhauer, der das Grundstück gehört und die damals die Müllverbrennungsanlage bauen wollte, mischt bei Hansekraft als Gesellschafter mit. Die BI hat den Verdacht, dass das Projekt am Ende weniger umweltfreundlich als erwartet ausfällt und spricht von „Greenwashing“. Sie hat einen Katalog kritischer Fragen an die Hansekraft sowie die Hansestadt Stade geschickt. Inzwischen haben beide ausführlich geantwortet. Hier eine Zusammenfassung, ergänzt um Informationen aus einem Gespräch mit Jörg Dobbrunz, der mit Stefan Schmidt die Geschäftsleitung der Hansekraft bildet.

 

Ist die Anlage überdimensioniert?

 

Weil in Deutschland und Europa zunehmend Holzkraftwerke gebaut werden, befürchtet die BI Überkapazitäten, Altholzknappheit, höhere Preise und das Risiko eines Ausweichens auf Frischholz. Jörg Dobbrunz sieht das anders. Das Projekt sei auf Stade zugeschnitten, der Bedarf vor Ort sehr groß: „Die auf diese Weise erzeugte grüne Energie wird mindestens in den kommenden 30 Jahren, bis weitere erneuerbare Energieträger die nötige technische Reife erreicht haben, bei der Versorgung der Industrie eine wichtige Rolle spielen.“

Auch Dobbrunz sieht den deutschen Altholzmarkt im Umbruch: Alte Anlagen, die überwiegend Strom produzieren, gehen vom Netz, gleichzeitig werden viele neue gebaut. Das führe zu einer Neusortierung. Hansekrafts Fokus liege aber auf dem internationalen Markt, wo viele Kapazitäten brach lägen. Schon jetzt gebe es erste Vereinbarungen mit Lieferanten aus dem europäischen Ausland. Frischholz zu verwerten sei nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens beim Gewerbeaufsichtsamt, das später übrigens auch für die Kontrolle zuständig ist.

 

Muss belastetes Holz verwertet werden?

 

Die geltende Altholzverordnung ordnet es je nach Schadstoffbelastung in vier Kategorien ein. In der Hansekraft-Anlage sollauch Material der höchsten Kategorie IV verbrannt werden. Laut BI ordnet ein von ihr konsultierter Fachgutachter die Verbrennung von Altholz dieser Kategorie ein als „Sondermüllver brennung mit den zu erwartenden keinesfalls unerheblichen Belastungen der Umgebung (u.a. mit PAK , Dioxin und Furan)“.

Die BI fragt: Wäre die Hansekraft bereit, auf die Verbrennung von Holz dieser Kategorie zu verzichten?

Altholz der Kategorie IV sei ein Mix, antwortet die Hansekraft. Nur ein kleiner Teil sei mit Holzschutzmitteln oder ähnlichen Schadstoffen behandelt - meist Gartenmöbel und Gartenzäune, imprägnierte Fensterrahmen und Haustüren. Aufgrund der Gesetzesvorgaben würdendie Belastungen in dieser Kategorie „ständig geringer und der Altholz-Mix damit immer sauberer“. Die thermische Verwertung sei bei Kategorie IV auch die einzig sinnvolle Alternative zur Deponierung. 

Auch die Stadt teilt die Bedenken der BI nicht. Erstens sei es gesetzlich nicht zulässig, eine Verwertung von Holz der Kategorie IV auszuschließen. Zweitens sehe sie im Altholzkraftwerk „einen wichtigen Baustein in der energetischen und ökologischen Transformation des Industriestandortes Bützfleth“. Nicht nur der Energie wegen: Es bestehe auch die Möglichkeit, in der Anlage Kohlendioxid abzuscheiden, das die Dow für ihre Prozesse nutzen könne.

 

Wie sollen die Schadstoffe herausgefiltert werden?

 

Hansekraft führt im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens in Bützfleth Luftmessungen durch, um den Ist-Zustand festzustellen. Die Firma will eine Rauchgasreinigung nach neuestem Stand der Technik installieren, die mögliche Schadstoffe bindet und herausfiltert. Alle geltenden Grenzwerte der 17. BImSchV (Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) würden sicher eingehalten. „Das haben sie bei der Müllverbrennungsanlage auch schon gesagt“, merkt Dr. Jan Witt von der BI an. Die Antworten von Hansekraft und Stadt sind am Freitag bei der BI Bützfleth eingetroffen. Eine Stellungnahme dazu stimme die BI gera-

de ab, sagt Witt.


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Wie grün wird das Holzkraftwerk?
Artikel aus dem Stader Tageblatt vom 19.10.2024, von Anping Richter
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